Donnerstag, 8. Februar 2007

Titanic

Gerade habe ich mir „Titanic“ angesehen, zum ersten Mal auf DVD und zum ersten Mal in Englisch. Nicht das ich die deutsche Version nicht auswendig könnte.

Während des Filmes konnte ich jedenfalls nicht vermeiden zu resümieren, wie, wann und wo ich ihn schonmal gesehen hatte und wann eigentlich zum ersten Mal und wann im Kino.

An genau der Stelle traf mich eine Feststellung wie der Blitz: ich werde alt. Titanic wird mittlerweile nun schon DIESES Jahr 10 Jahre alt, genau wie ich selbst 20. Kurzum: mein zehnter Geburtstag markiert sozusagen genau die Hälfte meines Lebens. Damals waren wir gerade im Harz im Familienurlaub, weil da waren wir noch eine sogenannte heile Familie, es war Sommer, warm und wir wanderten mit Freunden der Familie und meinem Onkel den Hexentanzplatz hinauf, fingen und grillten Forellen und gingen fast jeden Tag durch den Wald ins nahe gelegene Freibad. Abends haben mein Bruder und ich uns oben auf dem Dachboden versteckt, Spiele gespielt oder mit Mama und Papa die „Dinos“ geguckt. Und ich war verliebt in Leonardo di Caprio, spätestens als ich ein Bild von ihm in „Romeo und Julia“ in der Bravo sah. Deshalb auch der Name unseres Katers – genau, der wird dieses Jahr 10 – nämlich „Leo“. Noch heute zum Kopfschütteln. Der Filmstart von „Titanic“ war für mich ein Grund, plötzliches Interesse an der Historie sinkender Schiffe zu entwickeln, alle Bravoartikel darüber zu sammeln und ganze Bücher mit Zeichnungen vom Schiff zu kopieren. Doch der Knall kam kurz vor Weihnachten: „Titanic“ ist ab 12, ich war 10 und mein Bruder, ebenfalls sehr begeistert, nur 9. Keiner von uns beiden durfte den Film im Kino sehen, nur meine damalige gleichaltrige beste Freundin konnte dann stolz davon erzählen. Meine Eltern waren der Meinung, dass mein Bruder noch nicht reif ist und er nur neidisch würde, wenn ich „Titanic“ sehen dürfte. Also mussten wir beide verzichten und ich schmollte bis Weihnachten 1998, als die Videokassette Einzug in unseren Haushalt hielt. Auch dies war ein besonderes Ereignis, denn zum allerersten Mal überhaupt in unserer mittlerweile schon elfjährigen Familiengeschichte wurde am Heiligabend der Fernseher angeschaltet – für 3 Stunden gefesseltes „Titanic“-gucken. Am 25. und 26. sah ich ihn dann gleich nochmal. Und danach noch ungefähr 20 Mal, immerwieder bereuend dieses Monument nicht im Kino gesehen zu haben. Schließlich, ich glaube es war vor 2 Jahren, wiederholte das „UCI“ im Saalepark Blockbuster zu Spottpreisen und mit 17 oder 18 schaute ich Leo endlich zum ersten Mal im Kino beim Ertrinken zu. Der Besucher hinter mir klebte mir Kaugummi in meine damals noch langen Haare und Mirko erfreute sich darüber gar sehr auf der Heimfahrt.

Nun, warum das alles? Ich werde dieses Jahr 20 Jahre alt, und vor genau zehn Jahren war ich der größte Leo-Fan auf der Welt (glaubte ich zumindest). Mit meinem 20. Geburtstag fühle ich meine Kindheit immer kleiner werden, denn schon jetzt erinnere ich mich kaum noch an sie, meine Erinnerung setzt bis zu meinem 13. Lebensjahr nur bei Familienurlauben ein, viel mehr ist nicht geblieben. Und selbst diese würden ohne die Fotos verblassen.

Wenn ich „Titanic“ sehe erinnere ich mich an diese Welt aus kleinen liebevollen Streitereien mit meinem Bruderherz, an Weihnachten ohne Fernsehen und daran, nachts ins Bett von Mama und Papa zu kriechen wenn man Alpträume hat. Heute lebe ich allein, sozusagen, und muss selbst wenn ich krank bin aus dem Bett um meine Medikamente selbst zu kaufen und, falls diese wirken, arbeiten gehen um meine Miete zu zahlen. Zwischen diesen beiden Leben liegt eine Haupthandlungsstrang- und mehrere Nebenstrangscheidungen, der erste Alkoholrausch, Kuss, Freund, Sex, danach erst das erste Mal verliebt, ein Trip als Rettungsschwimmer, das Beenden einer nie dagewesen Gitarrenspielerkarriere und die Rolle als Geliebte. Viel passiert. Und trotz alledem bin ich eins geblieben: der wahrscheinlich größte Leo-Fan auf der Welt.

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