Freitag, 16. Februar 2007

Für Internet brauch man NET

Über 8000 Kilometer von seiner Heimat entfernt wird man im Jahr 2007 natürlich internetsüchtig, es sei denn man wolle als Einsiedler alle Brücken abbrechen. Nun surfe ich also täglich durchs WWW, dabei bin ich mittlerweile bei MSN, MySpace, StudiVZ, Schwarzes Leipzig, Lokalisten, Spiegel Online und ICQ angemeldet. Hinzu kommt Onlinebanking. Anders geht ja schlecht. Ach ja, und ein Blog. Und so langsam aber sicher treffe ich Menschen mit ähnlichen Gedanken, die ich nicht einmal selber kenne, habe Kontakt mit alten Freunden die sich neu vorstellen und definiere mich auf einer Seite. Online. Im Profil. Mit Bild. Bei MySpace sogar Musik. Slideshow. Fotoalbum zu deutsch. Außerdem schreibe ich hier nun also so meine Gedanken, kommentiere ab und zu hier und da und staune über ein riesengroßes Netzwerk von/mit/über Menschen, die sich vielleicht noch nie begegnet sind aber online ständig Gedanken austauschen. Zu beiderseitigem Vorteil.
Man kann das jetzt alles mit Fachbegriffen verzieren, ich könnte jetzt hier die Hälfte des Wikipediaartikels zu Web 2.0 wieder geben - ich kann aber auch einfach mal sagen, dass mich das alles erstaunt. Und ich dachte ich bin mit dem Internet groß geworden!
Dieses Netzwerk ist nicht nur umfassender, sondern auch bedeutender als ich dachte. Es entwickelt sich weiter. Ich lese nicht mehr nur Informationen wie in einer Bibliothek sondern stelle selbst Informationen und das was ich lese, beschäftigt mich sogar auf dem Weg zur Arbeit.
Und das hat nur sehr wenig mit meinem Aufenthalt in Kanada zu tun, denn auch im Heimatland gibt es Menschen, denen es so geht - in wachsender Zahl.
Nun frage ich mich nach der Wirkung des ganzen auf Aussenstehende.
Printmedien? Machen einen Hype daraus und läuten den Abgesang auf Tageszeitungen ein.
Radio? Früher hieß es noch bei der Ansage "http doppelpunkt doppelslash www punkt einsatz einer adresse punkt de"
Mit früher meine ich vor 4 Jahren. Nicht mal.
Ich denke weiter nach.. wem ist das Internet eigentlich vorenthalten? Aussenstehende?!?
Mir fallen meine Großeltern ein, die nicht einmal einen Rechner haben und auf ihrem Handy kaum eine SMS lesen können. Sie sind knapp über 60, haben fast 40 Jahre DDR überlebt, gehen immer noch jedes Wochenende mit Freunden weg und feiern Karneval. Ich würde nicht sagen, dass sie alt sind. Und doch... Meine Rundmails lesen sie weil mein Onkel ihnen immer mal einen Ausdruck derselben bringt.
Eine Gesellschaft tut sich auf, in der wir unterscheiden - zwischen Real Life und Internet, zwischen Leuten mit und ohne ICQ/MSN/..., zwischen uns und den anderen. Noch können wir beides verbinden, die Frage ist wie lange noch und ob meine Kinder irgendwann nur noch chatten oder sich über Profile im Netz definieren?
Und was ist eigentlich mit denen ohne Internet? Gibt es das noch? In meinem Alter?
Klar, weltweit. Nur eben nicht unter den paar Millionen Erste-Welt-Bürgern. Internet heißt Bildung, Austausch, Vielfalt, gelebte Demokratie - im besten Fall.
Aber dafür brauch man erstmal den Zugang. Ein Junge aus einer der Favelas in Rio de Janeiro ist froh, dass heute sein zweitbester Freund anstelle seines besten Freundes erschossen wurde und kümmert sich einen Dreck darum, welche Comments gerade wo gepostet werden.
Nomadenkinder aus Somalia sind froh, dem Bürgerkrieg zu entkommen und checken garantiert nicht täglich ihre E-Mails.
Es ist eine Lüge zu behaupten, dass das Internet die Welt verbindet. Es bringt die westliche Welt näher zusammen. Das ist wahr und kann sehr gut sein. Das schließt aber auch andere Menschen aus. So wie meine Großeltern nicht wissen worum es geht, wenn ich anfange Redewendungen aus der Chatsprache zu verwenden. Dies ist eine Erinnerung:
Das Internet ist weltweit, hilfreich, schön, fortschrittlich und unumgänglich für alle Nachkommenden.
Bitte vergesst die anderen nicht.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Wie Recht du doch hast, darauf hinzuweisen. Werte diesen Kommentar als virtuellen Applaus. :)